Mai Lan

Mai Lan

Salaheldin

Salaheldin

Ruth

Ruth

Peter

Peter

Pavlo

Pavlo

Michael

Michael

Maryna

Maryna

Maryam

Maryam

Mamadou

Mamadou

M. H.

M. H.

Kurt

Kurt

Katja

Katja

Jürgen

Jürgen

Jochen

Jochen

Jens

Jens

Ismail

Ismail

Irén

Irén

Irada

Irada

Hubert

Hubert

Agnes

Agnes

Dimitrie

Dimitrie

Ahmad

Ahmad

Agnieszka

Agnieszka

Abdi

Abdi

Martin Rokasky

Polen, Schlesien

1945

Auszüge aus dem Interview

„Bei einer unser Gartenfesten war in fortgeschrittenen Gesprächen die Erlebnisse meiner Kindheit für alle sehr interessant und unser Sohn sagte zu mir: Vati, diese Erinnerungen musstest du aufschreiben damit man so etwas nicht vergiesst. Nun bin ich aber nicht der Jenige, der gerne schreibt und es dauerte schon Zeit bis ich mich dazu entschlossen habe. Am 70. Jahrestages der Fluch aus Tauentzien hatte ich ein Gespräch mit dem Sohn und er meinte nun würde es Zeit die Erlebnisse auf zu schreiben. Ich werde nun versuchen die Erlebnisse mit 77 Jahren so gut es geht zu Papier zubringen.“

„Am 26.09.1937 wurde ich in Breslau geboren und meine Eltern Marle Rokasky, geb. Kaufmann, und Konrad Rokasky tauften mich auf den Namen Martin, Albert, Konrad Rokasky. Wir wohnten in Breslau auf der Mauritiusstraße 22, fast neben der Ohle und nicht weit weg von der Oder. Die Kindheit verbrachte ich fast nur mit meiner Mutti, mein Vati lernte Ich erst 1948 mit fast 11 Jahren kennen wo er aus der Gefangenschaft zurückkam. Zu Weihnachten 1947 bekam ich einen Brief von Vati aus der Gefangenschaft aus Agypten mit guten Wünschen. An Urlaube mit Vati habe ich keine Erinnerungen.“

„Am 29.09.1940 bekam ich eine Schwester Christa. Unsere Mutti musste sich all die Jahre um uns alleine kümmern. Vati war Ja eingezogen und in der Gefangenschaft. Deshalb sind die Erinnerungen an die Kindheit nur mit der Mutti und später der Schwester Christa vorhanden und den Bekannten – Oma Susanne und Nichte Else.“

„Auch erinnere ich mich dass wir eine sehr große Wohnung In Brealau hatten. Eine zweite Familie mit Kindern lebte bei uns zur Untermiete. Mutti unternahm mit uns viele Sparziergänge und reistete oft nach Tauentzin bei Oppeln zu dem Großeltern und der Schwester Martha. Von hier habe ich mehre Erinnerungen als von Breslau. Ich erinnere mich noch an die Litfasssäule vor unsern Haus in Breslau, und die Streiche in der Umgebung.“

„Einmal war es sehr gefährlich, als wir an der Ohle spielten und ich in ein Boot gestiegen bin und mit der Strömung trieb, ein anderes Boot brachte mich ans Ufer. Auch wen ich mich an meine Einschulung erinnere und sie mit heute vergleiche, so ist es wie Tag und Nacht. Im September 1943 wurde ich in die Clausewitz Schule zu Breslau (8 Klassenschule) eingeschult und erhielt auch eine Zuckertüte und das war's. Im Aprll 1944 mussten wir aus Breslau raus und sind nach Tauentzin evakuiert. Wir hatten bei einen Bauern eine Unterkunft bekommen. Es war ganz in der Nähe von meiner Oma Susanne und Tante Martha, die eine kleine Landwirtschaft besaß und ich viel neues erlebte. Die Dorfschule hatte nur einen Lehrer, Herrn Nass und damit auch nur ein Klassenzimmer für alle 8 Jahrgange. Die Bankreihen trennten die Klassenunterschiede, und der Beginn des Unterrichts war verschieden. Es war schon stressig. Dieser Zustand dauerte nur bis zum 19.01.1945, bis 24 Uhr muss wir Ja den Ort verlassen.“


„Seit einigen Tagen war schon Unruhe zu spüren bei den Bauern die Pferde hatten, es wurden Wagen mit Planen und Futterraufen vorbereitet in den Heu für die Pferde geladen ist. Mutti ist mit Christa und Else noch mal nach Breslau gefahren um Sachen zu hohlen. An diesen Abend hörten wir die Flugzeuge und es war ein Angriff auf Breslau. Am Himmel sahen wir die Christbaume und die Angst dass den Dreien nichts passiert war sehr groß.“


Die Flucht

„Der Tag (19.01.) begann schon mit viel Unruhe – Brotbacken, Wäsche waschen und ein Schwein wurde noch geschlachtet. Man hörte den Donner der Front. In den Abendstunden kam dann der Befehl das Dorf musste bis 24 Uhr geräumt sein. Der Ortsbauernführer war dazu verantwortlich. Ein Teil des Volkssturms musste im Dorf bleiben und sich um das Vieh kümmern. Kinder und ältere Leute wurden auf Pferdewagen eingeteilt. Oma, Christa, Else und ich waren auf ein Wagen. Mutti ist mit dem Fahrrad von Vati unterwegs. Zwei Säcke mit Sachen dürften noch auf den Wagen. Der Ortsbauerführer war nun verantwortlich für die Flucht und ihn wurde Vorgeschrieben wie weit es am Tage geht. Es sollte Ja nur 2-3 Tage dauern. Aber schon In der 1. Nacht geschah es das der Treck nicht zusammen blieb. MIiitärtransporte verhinderten einen Teil des Ortes die Flucht und kamen nicht mehr weg. Nun war es für Else sehr traurig weil die Mutter, Schwestern Friedel und Gisela nicht bei uns waren. Aber es konnte keiner ändern, die Flucht ging weiter und jeden Tag eine neue Unterkunft. Mal in einen großen Saal, dann bei einem Bauern und so weiter. Die genaue Route weiß ich nicht mehr, nur soviel: es ging durch die Slowakei bis wir in Watzenrit bei Regensburg gelandete sind. Es waren zirka 500 km und April.“

„Wir wurden in einer Gaststätte bei den Ehepaar Neumaler untergebracht und bekamen ein Zimmer gleich neben den Saal. Nun besuchte ich auch teilweise die Schule. Hier warteten wir auf das Kriegsende. Beobachteten vom Gipfel eines Berges wie Front ohne Kampf sich näherte. Der Ort war ja mit Soldaten überfüllt.“

„Einige Geschosse schlugen im Dorf ein aber es gab keine Gegenwehr. Dann sah ich wie ein Mann mit weißer Fahne vor einen Pferdewagen der mit Waffen beladen war, in Richtung Front lief. Bürgermeister und Pfarrer hinterher. Der Ort wurde den Amerikaner übergeben. Danach kamen Sie in Jedes Haus und suchten nach Soldaten. Die Angst war bei allen vorhanden. Ein Soldat aus dem Nachbarort war im Haus und musste mit in Gefangenschaft. Die Soldaten sind dann mit LKWs abgefahren und kamen ins Lager.“

„Wir mussten wieder umziehen, weil in den Saal und Gaststätte die Amerikaner ihr Lager hatten. Der Mutti haben Sie Fahrrad und eine Tagesdecke (Erinnerung an Vati) noch weggenommen. Mit Hilfe des Offiziers bekam sie es jedoch beides zurück.“

„Schule fiel aus und wir waren bei den Amerikanern ein und ausgegangen, bekamen zu Essen und sahen ihnen zu. Wir begannen auch mit den Kippen sammeln. Der Tabak daraus wurde getrocknet und bei den Rauchern gegen Essen getauscht.“

„Ende Mal waren einige Bauern mit den Gedanken beschäftigt, wie soll es weiter gehen und es hieß man kann zurück. Also wurden die Pferde angespannt und die Fahrt begann. Aber einige blieben in Bayern. Diesmal war es eine andere Fahrstrecke. Teilweise über die Autobahn in Richtung Dresden. Die ersten Kirschen wurden gerade reif.“

„Die erste Rast in der Ostzone werde ich auch nicht vergessen. Es dauerte nicht lange und wir sahen die Russen wie sie uns kontrollierten. Auf einen Wagen entdeckten sie die Schwestern von Hubert den Schmiedelehrling und belästigten sie. Dies war für ihn zu viel und warf sie vom Wagen. Das es ein Nachspiel geben wird war den Erwachsenden klar und sie berieten sich. Hubert musste versteckt werden aber wo. Er wurde in Stroh eingepackt und diente seiner Mutter und meiner Oma als Sitz vor den Wagen. Gegen Abend kamen auch Russen und suchten nach Hubert ohne Erfolg und Folgen. Am nächsten Tag wurde er vor der Abfahrt in eine Futterraufe versteckt und es blieb ohne Folgen. Die Fahrt in die Heimat endete in Wilschdorf bei Dresden nach zirka 400 km.“

„Der Grund dafür war das die Polen keinen über die Grenze ließen und zum Teil Pferde und Sachen wegnahmen. Es wurde wieder entschieden nicht weiter zu fahren. Das Rittergut in Rennersdorf bei Stolpen benötigte zur Ernte Pferdegespanne und Arbeiter. Also waren wir hier angekommen. Die Unterkunft war sehr bescheiden und auch eng, aber wir brauchten am nächsten wieder auf die Straße. Nun musste jeder für sich Sorgen und wie waren nicht abhängig von Anderen. Ich mach mir Heute noch Gedanken wie Mutti es schaffte für 5 Personen zu sorgen. Zum Kochen war nur ein kleiner Herd da und dazu brauchte man Feuerung. Mit geborgten Handwagen und Werkzeug ging es in den Wald um Reisig zu holen. Später hat sich Mutti beim Förster angemeldet um Reisig nach dem Baumfällen zu schleppen. Das hieß die Aste vom Baum wurden am Weg gestapelt und später von einen Pferdebesitzer abgeholt. Wenn es im Hof war konnte es auf Ofengröße gehackt und gebündelt werden. Beim verfeuern konnte man gleich vor den sitzen bleiben wie es so schnell verbrande. Da war es mit dem Holz von den Stöcken viel besser aber schwerer zu kriegen. Wenn der Holzeinschlag beendet war hat der Förster die Baumstümpfe nummeriert und in Parzellen eingeteilt und verlost welche man später bekam. Nun kam es auf den Baum darauf an, wie leicht das Roden ging. Kiefer haben eine Pfahlwurzel und waren schwerer zu roden. Danach mussten die Stöcke gespalten werden und mit einer Handsäge auf Länge gesägt werden. Dies alles erledigte Mutti mit mir (eine große Schinderei.)“

„In die Rennersdorfer Schule ging ich bis zur 8. Klasse. Es war eine 4 Klassen Schule mit einigen Neulehren. Jedes Jahr war die Zusammensetzung neu. Aber man kannte sich vom Vorjahr. Schulbücher mussten sich immer 2 Schüler teilen. Spotte Roland und ich kamen damit gut zurecht. Traurig nur das er beim öffnen einer Granate um kam. In der Erntezeit haben wir Flüchtlingsschüler meistens den Unterricht eher verlassen wenn ein Bauer die Felder zum ehrenlesen oder stoppeln freigaben. Das erfolgte meistens vor der Mittagspause oder zum Feierabend. Nun ging es mit einen Beutel umgebunden aufs Feld um Getreideehren zu sammeln. Dabei war es wichtig das Laufen, damit man nicht auf die Stoppel trat. Man ist ja barfuss gelaufen. Die Ehren wurden zuhause mit der Hand gerieben, um zu den Körnern zu gelangen, Die Spreu wurde durch blasen noch getrennt. Wenn Sie getrocknet waren, konnten es gelagert oder gleich verbraucht werden. Viel aufwendiger war es mit den Zuckerrüben, nach den stoppeln wurden sie gründlich geschruppt und In Stücke geschnitten. Danach, kamen sie in den Waschhauskessel und wurden gekocht. Dadurch ist der Zuckergehalt im Wasser gebunden und musste später durch Kochen eingedickt werden. Es war zu dieser Zelt ein guter Brotaufstrich. Durch den Suchdienst des Rotenkreuz, hat Mutti die Nachricht von der Gefangenschaft von Vati erfahren und es kamen Briefe. Bevor sie gelesen werden musste entweder von den umwickelten Zwirn, angeklebten Feuersteinen oder Süßstofftabletten befreit werden. Damit konnte Mutti wieder Esswaren eintauschen. Unter dem Motto hast du was, kriegst was. Auch haben wir erfahren, das die andere Hälfte des Ortes nicht mehr weg kam und den mit viel Grausamkeiten den Zusammenbruch erlebten. Häuser wurden angezündet und vernichtet und die Frauen mussten sich verstecken. Friedel sollte Kühe Richtung Osten treiben. Dies erfuhren wir als Tante Marta aus Polen ausgewiesen wurde und Else die Mutter und Schwestern wieder hatte.“

„1948 kam Vati aus der Gefangenschaft zurück. Mutti holte ihn In Leipzig ab. Christa und Ich haben ihn vom Bahnhof Heimsdorf mit dem Handwagen abgeholt und haben dem Vater bewusst gegenübergestanden. Es war sehr angespannt, man kannte sich ja nur durch die Briefe. Das Vater-Sohn-Verhältnis wie es normal ist, war nicht Richtig vorhanden.“

Fotos: David Nuglisch

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