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Abdi

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Pavlo Yekymov

Ukraine

2022

Auszüge aus Interview

„Mein Uropa musste Russland verlassen während der Stalin-Zeit. Er war sehr reich und hatte Angst vor Verhaftung. Er musste sein Heimatland verlassen. In der Region Donbass konnte er sich verstecken. […] Die Familie war zwar prorussisch, aber man erinnerte sich auch daran, warum wir in dieser Region waren.“

„Es gibt keine Diskriminierung, es ist eine totale Lüge. Es war bloß eine Ursache zum Angriff. Ich habe einen ukrainischen Pass, ich bin russischsprachiger Ukrainer. Meine Mutter hat jetzt aber schon einen russischen Pass. Sie wohnt auf besetztem Territorium und musste ihn bekommen. Sie konnte ohne ihren Pass nicht weiter leben dort. 

„Im Westen der Ukraine sprechen Menschen zu 100 % ukrainisch, im Osten ist es sehr spezifisch. […] Der Unterschied zwischen den Sprachen ist gering. Es gibt keine Rechtfertigung für Angriffe (für 90 % der Menschen ist es egal). Es gibt keine Diskriminierung der russischsprachigen Minderheit. Das Thema wurde künstlich entwickelt. Kriegsziel für Putin ist: Das volle Territorium der Ukraine zu besetzen. Es ist das letzte imperialistische Land der Welt. Sie produzieren nur Waffen, die Leute sind so arm. Meine Mutter erlebt es gerade. Sie leben quasi in Russland. Meiner Mutter war der Pass egal. Für sie ist nur wichtig: Familie, zwei Söhne und ihre Mutter sind noch am Leben.“

„Es gibt verschiedene Arten von Menschen. Ich zum Beispiel spreche russisch, bin aber komplett gegen Russland. Ich hasse dieses Land, aber ich bin der Russe im Prinzip. Und es gibt viele Ukrainer, sie sind komplett für Russland in dieser Region - alles ist sehr gemischt, diese Region ist sehr spezifisch.“

„Ich habe kein Gefühl von Heimat. Ich hasse den Donbass. Ich weiß nicht, wer auf meiner Seite steht, wer mir den Tod wünscht. Ich habe auch viele Bedrohungen bekommen, auch von einem Mitschüler, der jetzt im Sicherheitsdienst ist. Ich möchte mit niemandem sprechen von dort. Es hat sich in den letzten 10 Jahren viel verändert.“

„Nach dem Krieg haben sich meine Ansichten auf Gott geändert. Ich habe kein Interesse an Gott zu glauben. Es sind so viele schreckliche Dinge passiert. Und die russische orthodoxe Kirche unterstützt den Krieg. Ich habe einen ukrainischen Pass. Ich bin wie alle Ukrainer nach §24 hier.“

„Zurzeit kann ich diese Region nicht besuchen. Ich kann dort verhaftet oder sogar getötet werden. Meine Mutter versteht es schon. […] Die Gegend ist komplett gesetzlos. Meine Mitschüler, Freunde, die dort wohnen, werden teilweise in die russische Armee gezwungen. Man kann beispielsweise auf der Straße gehen und gefangen genommen werden und in einigen Tagen ohne Vorbereitung an die Front geschickt werden.“

„Meine Mutter und Oma wohnen noch dort. Ich sehe meine Mutter nur während des Urlaubs in der Türkei (einmal pro Jahr). Die Oma werde ich wahrscheinlich nicht mehr sehen – sie ist schon 83 Jahre alt.“

„Ich erinnere mich an den Tag des Angriffes sehr genau. […] Dachte, es wäre unmöglich, dass Russland angreift.“

„Im Fernsehen sprach man über einen möglichen Krieg. Am Morgen des 24. Februar 2022 […] habe ich schon Hubschrauber neben dem Fenster gehört. Es war wohl ein ukrainischer Hubschrauber. Mein Problem war, ich habe nicht weit von dem Flughafen gewohnt. An dem Tag wurden alle Flughäfen angegriffen, und es war sehr gefährlich. Dann habe ich einen Freund angerufen, der weiter weg wohnte. Das Internet ging schon nach einigen Minuten nicht mehr. Dokumente und Pässe, Geld, Essen (Konserven), Wasser, Unterhosen, Socken. Ich hatte schon Erfahrung. Ich habe schon einen Krieg gesehen. Also was braucht man?“

„[Meine Freundin] wohnte im Nordteil Kiews. Dort waren schon die Schlachten. Ihr Haus wurde von einer Drohne angegriffen, und dort entstand das Feuer. Mein Vorschlag: Mit den zwei Kindern sofort zu mir kommen. […] Den Sound der Bombeneinschläge hörten wir. Wir lebten alle zusammen in der Einzimmerwohnung bei dem Freund, sieben Personen und ein Hund für einige Wochen. Wir haben auf Verhandlungen und Beschlüsse gehofft. Die Nachrichtenlage war unterschiedlich, aber wir haben gesehen, die russische Armee ist schon fast neben Kiew. Die Regierung hat einfachen Leuten Waffen gegeben, um Kiew zu schützen. Ich bin mit meinem Freund dorthin gegangen, aber die Waffen waren schon weg. Ich bin nicht geeignet für die Armee. Ich bin sehr kurzsichtig, aber in diesem Moment wollten wir kämpfen.“

„Als ich die Grenze überschritten habe, habe ich beschlossen Ukrainern zu helfen. Mir haben auch Menschen sehr geholfen. Ich arbeite [in der Gemeinde in Pirna-Sonnenstein] ehrenamtlich als Dolmetscher. Und wir spielen zusammen Gitarre auf Ukrainisch und auf Russisch, aber nur wenn die Sänger nicht den Krieg unterstützen. Es gibt aber auch Ukrainer, die keine russischen Lieder mehr singen wollen.“ 

„Ich habe nichts Persönliches mitgenommen, keine Zeit für Symbolik. Ich habe nur mitgenommen, was ich brauchte. Nach Kiew hatte ich auch schon nichts mitgenommen.“

„Die ersten Monate hier wollte ich nichts kaufen für die Wohnung. Es kann alles passieren. Man kann sehr schnell alles verlieren. Ich habe es gesehen.“

„Ich habe keine Zukunftsplanung. […] Ich bin in Pirna und möchte es nicht verlassen. Ich möchte mich nicht bewegen. Ich will nirgendwohin umziehen. Ich habe mich jetzt daran gewöhnt.“

Fotos: David Nuglisch

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