Jens Angermann
Sachsen
Auszüge aus Interview
„Ich bin ein großer Freund der offenen Grenzen. Ich genieße meine Reisefreiheit. Diese Kleinstaaterei hilft uns auch nicht. […] Ich verstehe die Leute nicht, die sich das zurücksehnen. Ich bin auch froh über den Euro. Wir können ja auch auswandern. Wer gut ausgebildet ist, kann doch überall in Europa arbeiten.“
„Wenn Leute zu uns kommen, dann doch in der Regel, weil sie hier arbeiten wollen, und dann zahlen sie hier ja auch Steuern, das kommt uns doch zugute.“
„Ich habe einen Kollegen, der macht in Neukölln, in Berlin, den gleichen Job wie ich. Da habe ich mich noch vor 10 Jahren gefragt, wie wird es wohl sein, wenn du kaum Deutsche in der Klasse hast. Jetzt ist es bei mir so.“
„Die Jungs wissen, dass es in Deutschland eine gute Chance gibt, einen Beruf zu erlernen. Die wissen schon, dass sie mit dem Berufsabschluss, den sie hier erwerben, überall in Europa arbeiten können. Die wollen sich eine Existenz aufbauen. Die sind natürlich nicht so heimatbewusst wie ich, wenn die einen Job in Paris bekämen, dann würden die auch nach Paris gehen.“
„Mitunter gibt es Schwierigkeiten, Autoritäten anzuerkennen: Unterschiedliches Temperament oder auch alte Feindschaften aus den Ländern werden weitergeführt in Deutschland. Teilweise gibt es auch Rassismus unter den Eingewanderten. Das zeichnet sich auch in den Klassen ab. […] Wer eine dunklere Hautfarbe hat, hat es schwerer. Diese afrikanischen Schüler sind aber oft sehr fleißig. Am Ende merken sie auch, dass sie alle an einem Strang ziehen.“
„Ein respektvoller Umgang wird eingeübt – gegenseitig, auch indem ich zum Beispiel die Namen der Jungs übe. Man selber will ja auch anständig angeredet werden. […] Ich habe so ein Bilderbuch, da sind Fachbegriffe, zum Beispiel Betonmischer in verschiedenen Sprachen drin, und da üben die Jungs das mit mir. Die Aussprache ist so schwer. Ich habe es aber grundsätzlich leichter, weil ich ein Mann bin.“
„Meine Jungs erleben auch Anfeindungen auf dem Sonnenstein, z. B. auf dem Volleyballplatz. Sie sind nicht gerne alleine unterwegs. Manchmal sind sie auch mit Unfreundlichkeit in Pirna konfrontiert, hören oder spüren: […] Ihr habt hier nichts zu suchen. […] Viele Deutsche haben noch Angst.“
„Die DDR war kein toleranter Staat. Im Westen ist ja alles durch die Gastarbeiter ein bisschen langsamer gewachsen. Viele ziehen ja auch Richtung Frankfurt, Berlin oder Hamburg. Wir haben es nicht gelernt, mit diesen Menschen umzugehen. Ich bin jetzt über 50, merke aber schon bei den jüngeren Kollegen, die gehen ganz anders damit um. Für die ist der Umgang mit Migrationsmenschen selbstverständlich. Das liegt ja auch schon an den Fremdsprachenkenntnissen. Viele können sich auch nur auf Deutsch verständigen. In 20 Jahren leben wir da anders.“
„Ich gehöre nach Sachsen, ich habe hier ein richtiges Heimatgefühl. Ich kann auch über uns Sachsen herzlich lachen. Ich finde aber nicht alles gut, was hier passiert.“