Auszüge aus Interview
„Ich habe jetzt auch deutsche Seiten, zum Beispiel, dass ich alles plane. […] Seit 2017 führe ich Kalender. Ich schreibe mir immer alles auf, damit ich es später nicht vergesse. […] Pünktlichkeit und Struktur - mich stört inzwischen auch, wenn jemand unpünktlich kommt. Das System verlangt es natürlich auch, z. B. auf der Ausländerbehörde. Wenn man da nicht kommt, gibt es den nächsten Termin in zwei Monaten, und dann bekommt man auch kein Geld. Das ist etwas, das gibt es in Afghanistan gar nicht. Wir hatten zum Beispiel keine Pässe. Man hat keine Pflichten gegenüber den Behörden. Wir haben auch kein Geburtsdatum festgelegt. Es spielt keine Rolle. Die Tazkira, ist ein Identitätspapier, da wird das Alter geschätzt, wenn die Eltern zur irgendwann mal Behörde kommen.“
„Ich mag das deutsche Essen nicht, es ist nicht würzig genug, Es wird nicht so viel kalt gegessen in Afghanistan. Ich esse auch zum Frühstück schon warmes Essen. Es wird auch anders gekocht. Ich mag auch meine afghanische Kleidung, die ich auch immer noch habe. Manchmal trage ich sie zu Festen. […] Sie ist meistens weiß mit Rock über der Hose. Die Kleidung heißt: Peran Tumban. Die Kopfbedeckung ist Lungi oder Pakol. […] Es hat auch etwas mit Glauben zu tun. Ich mag es nicht, weil zum Beispiel die Taliban zu 99 % Lungi tragen. Es ist nicht mein Zeichen. Ich finde auch unsere Sprache sehr schön ohne Artikel und ohne Nominativ, Genitiv, Dativ …. Ich finde Gedichte und Lieder in meiner Sprache sehr schön. Ich höre auch afghanische Musik. Wir haben berühmte Dichter auch im Iran. Wir haben fast die gleiche Sprache, wie ein Dialekt. Ich mag auch Teppiche. Ich mag auch auf dem Boden sitzen. In Afghanistan haben wir immer auf dem Boden gesessen zum Essen. Mittlerweile habe ich auch einen Tisch und Stühle zu Hause. Auf den Stühlen sitzen finde ich inzwischen bequemer als auf dem Boden. Deshalb habe ich beides zu Hause.“
„Auf die Flucht mitgenommen habe ich Unterlagen, Kleidung und einen Ring (als Andenken an zu Hause) und Hygienemittel, Als wir im Schlauchboot waren, haben wir gemerkt, dass Wasser in das Boot kommt. In der Mitte waren Frauen und Kinder. Wir mussten viele Sachen ins Meer werfen. Die Frauen haben versucht, mit Plastikflaschen das Wasser zu schöpfen. Wichtige Sachen, wie Geld, habe ich in Plastiktüten gemacht. Ich habe ich noch den einen Ring und ein Foto von dem Schlauchboot mit Rettungsweste von den griechischen Inseln. Ich habe am Anfang diesen Ort vermisst, wo ich aufgewachsen bin, den Typ, der an der Straße Suppe verkauft hat, die habe ich immer gegessen. Ab und zu weint man auch allein und denkt an diese Zeit. An die Menschen denke ich manchmal, aber an Gegenstände denke ich nicht.“
„Ich glaube niemand braucht Grenzen. Menschen sollen sich frei bewegen können. […] Wenn eine Person geboren wird, dann ist es ein Zufall, wo. Dieser Pass, der mir jetzt gegeben wurde, macht mich nicht zu einem besseren oder schlechteren Menschen. Es ist nur ein äußeres Zeichen.“